Tag der Menschen mit Behinderung – eine kritische Perspektive von Werner Pruckner
Sehr geehrte Damen und Herren,
der 3.12.2012 ist der Tag der Menschen mit Behinderung und dazu einige kritische Bemerkungen:
- Ein Mensch mit einer Behinderung wird JEDER, außer er stirbt früher! Wenige Menschen sind von Geburt an behindert, aber diesen müssen wir die ganz besondere Hinwendung und Förderung zuteil werden lassen, um ihnen auch die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen und die Eltern zu entlasten. Dies ist nur ein geringer Teil, der große Rest entsteht durch Krankheit, Unfälle und altersbedingt.
- Menschen mit Behinderung sind nicht nur durch körperliche oder Sinnes-Beeinträchtigungen benachteiligt oder gar ausgegrenzt, sondern werden auch von der Politik und damit auch von der Öffentlichkeit als Almosenempfänger hingestellt, obwohl das österreichische Verfassungsgesetz im Art.7 Abs.1 aus dem Jahre 1997 jegliche Diskriminierung von Menschen mit Behinderung verbietet.Beispiele: Behörden, Gerichte, Bezirkshauptmannschaften, Gemeindeämter in Kärnten oder Arztpraxen sind frmiertür Menschen mit Behinderung nicht nutzbar, weil nicht barrierefrei.
- Sparen ist für Politiker jeder Partei hauptsächlich bei Menschen mit Behinderung angesagt, denn die können sich nicht wehren.Ein besonders drastes Beispiel ist das Pflegegeld für Menschen mit Behinderung, welches Anfang der 90er Jahre eingeführt wurde. Zur Gegenfinanzierung hat die Politik damals die Krankenkassenbeiträge um insges.0,8 % erhöht, dies deshalb damit man alle Bevölkerungs- schichten erfasst. Es waren im ersten Jahr nach Einführung ca. 300.000 Personen die es erhielten, dafür aber das Hilflosengeld und die Blindenzulage verloren. Im darauffolgenden Jahr wurde das Pflegegeld der Stufe 1 reduzuert mit dem Argument, daß mehr Menschen durch eine Lockerung der Bestimmungen Zugang zur Berechtigung erhalten. Tatsache war, daß zwar ca.20.000 mehr Pflegegeldbezieher waren, aber der Alterungsschub bei den Pensionisten nicht berücksichtigt wurde. In diesem Jahrhundert wurde das Pflegegeld mehrmals reformiert, jedoch nur einmal um 2 % erhöht (einen besonderen Scherz hat sich Hr.BM Hundsdorfer 2010 mit der Erhöhung der Pflegestufe 6 um € 8.00 pm. geleistet!). Die Wertminderung des Pflegegeldes beträgt dank der “üppigen” Erhöhungen ca.40%, die Steigerungen der Selbstbehalte können Sie bei den Sozialdienstleistern erfahren. Selbstbehalte bei Behindertenhilfsmittel wurden ständig erhöht, viele Hilfsmittel müssen sich MmB vorallem Pesionisten selbst bezahlen. Bei der letzten Reform wurden die Stunden für die Pflegestufen 1 und 2 um 10 erhöht, dh. es werden sicher um 15.000 weniger Bezugsberechtigte heuer anfallen.
- Viele Menschen mit Behinderung sind auf Grund unseres Pensionssystems Mindestpensions- oder Mindessicherungsbezieher. Immerhin ist es dem Sozialstaat Österreich mit den maßgeblichen Herren Hundsdorfer,Blecha und Khol gelungen über 800.000 Mindestpensionisten zu erzeugen, die sich über die 1,8% Pensionserhöhung (€ 14.80) genauso freuen wie die Herren Khol und Blecha (€ 282.50). Eine Erhöhung des Pflegegeldes ist für diese Herren kein Thema, eine Behinderung erst dann wenn es sie selbst betrifft. Daß auch Existenzangst und Grübeln bei älteren Personen Krankheiten erzeugen, wird in unserem Gesundheitssystem hintangestellt.
- Bürgermeister werden in Kärnten direkt gewählt, das ist auch gut so. Aber das Mindeste was man einem Bewerber für dieses Amt abverlangen kann, ist die Kenntnis des VFG, der Bundes- und Landesgesetze und nachdem er auch Baubehörde erster Instanz ist, die Bauvorschriften,die Bauordnung und das Bundesbehindertengleichstellungsgesetz. Wenn daraus durch Fehleistungen oder Unkenntnis Haftungen entstehen, sind diese selbstverständlich wie bei jedem Gewerbetreibenden oder Wirt zu tragen. Hier wegen dieser und der geringen Bezahlung zu jammern, ist sicher deplaziert.
- Politik ist Macht – Politik sollte in einer Demokratie diese Macht zeitlich beschränken.Macht neigt zur Koruption – nicht immer der Politiker selbst, sondern Seilschaften dahinter. Seit 1990 steht in jedem Parteiprogramm die Weiterentwicklung der Demokratie – ansatzweise umgesetzt hat sie keine Partei.Wozu auch – es läuft ja wie geschmiert! Wenn sich die Parteien bei etwas nicht einigen können, machen sie eine Volksabstimmung auf Kosten der Steuerzahler und damit sind die Parteien außer Obligo. Wichtig ist nur.daß die Parteien nichts offenlegen müssen, aber dem Wähler das Gefühl geben, daß er entscheidet (trotz Unkenntnis der Hintergründe) . Zwei Funktionsperioden (höchstens 15.Jahre) sind für Kanzler,Landeshauptleute und Bürgermeister genug um ihre politischen Spuren zu hinterlassen und vorallem ihre Parteien aus ihrer Lethargie zu holen damit sie wieder näher zum Wähler kommen.
- Die Politik muß endlich auch bei sich sparen anfangen, bitte wer braucht in Klagenfurt oder Wolfsberg 9 Senatsmitglieder, wenn Graz oder Villach mit sieben auskommen, in Spittal,Feldkirchen,Ferlach,Friesach,St.Veit,St.Andrä,Radenthein,Völkermarkt 7 Senatsmitgleider? Geld (verfügbares Buget) bleibt den einzelnen kaum noch, also betätigen sich die meisten als Quackenten, die je nach politischem Willen, manches über Gebühr loben und vieles trotz besserem Wissen kritisieren.
- Ärzte,Zahnärzte und Lehrer sind eine besondere Spezies, sie nehmen Kinder, Eltern oder eben Patienten in Geiselhaft um egoistische Forderungen (mehr Einkommen,mehr Freizeit, mehr Nebeneinkünfte usw.) politisch durchzubringen. Fachärzte in Kärnten begutachtenMenschen mit Behinderung im Stiegenhaus, weil der Lift zur Praxis für den Rollstuhl zu klein ist – und das im Auftrag des Bundessozialamtes. Arztpraxen sind nicht barrierefrei erreichbar, haben keine entsprechenden WC, damit ist die freie Arztwahl nicht gegeben.
Ich könnte meine Wahrnehmungen seitenlang fortsetzen, will aber nur mit diesem kleinen Auszug die wirklichen Probleme von Menschen mit Behinderung aufzeigen, die selbstbestimmt leben wollen und dies auch könnten, wenn man sie nicht daran hindern würde.
Es gibt aber auch positive Beispiele in Kärnten wie man Menschen mit Behinderung ins gesellschaftliche Leben zurückholen kann.
Klagenfurt und Villach haben mit der 10.Oktoberstraße bzw.der Bahnhofstraße barrierefreie Flaniermeilen geschaffen, die auch Lokale und Geschäfte einbinden. Hier möchte ich vorallem den Herren DI Remy und Ing.Pirker in Klagenfurt und den Herren DI Pilz und Ing.Duschnig in Villach für die gute Zusammenarbeit danken.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Pruckner
Tel 0650 821 5023
Ref Mobilität und Infrastruktur
des BSVK und ÖZIV-Kärnten