Ignorieren von Menschenrechten macht nicht Halt vor unseren Haustüren
Der 10. Dezember ist der Internationale Tag der Menschenrechte. Ein Tag, an dem uns allen bewusst wird, dass es auch 2010 weltweit noch immer sehr viele Menschen gibt, deren Rechte ignoriert und übergangen werden. Systemkritikerinnen und –kritiker werden verfolgt, misshandelt, gedemütigt und Volksgruppen, wie beispielsweise Roma und Sinti, werden aus „hochzivilisierten“ europäischen Staaten ausgewiesen und quasi deportiert, um nur einige Beispiele zu nennen.
Das Ignorieren von Menschenrechten macht jedoch nicht Halt vor unseren Haustüren. Auch in Österreich werden Menschenrechte missachtet, und das nicht nur in Bezug auf inhaftierte oder asylwerbende Personen. Auch Menschen mit Behinderungen sind in Österreich betroffen. Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die von Österreich bereits 2008 ratifiziert wurde, ist bei weitem noch nicht umgesetzt. Im Gegenteil, bekanntermaßen bewirken die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen zur Budgetsanierung wesentliche Verschlechterungen für Menschen mit Behinderungen in Österreich, die den in der UN-Konvention zugeschriebenen Rechten auf Inklusion und Selbstbestimmung massiv widersprechen.
Der kürzlich vorgestellte Essl Social Index for Disability Governance 2010 zeigt ganz deutlich, dass Österreich in der Umsetzung der UN-Konvention säumig ist. Dies kann auch durch das Schönreden der Politikerinnen und Politiker und beschönigende Berichte an den UN-Menschenrechtsrat nicht widerlegt werden. Bereits seit Jahren stehen Attacken auf das Pflegegeld auf der Tagesordnung von Politikerinnen und Politikern. Konzentrierten sich diese in den vergangenen Jahren vor allem auf Zeiten des Sommerlochs, so hat dies heuer eine dramatische Wendung genommen, nunmehr gibt es auch in der von Budgetdebatten geprägten Herbst- und Winterzeit zahlreiche Stellungnahmen des Sozialministers und anderer Politikerinnen und Politiker, die nichts Gutes erahnen lassen. Weg von Geldleistungen, hin zu Sachleistungen heißt die Prämisse. Pflegeschecks sollen die Kassen ausgewählter Dienstleister auf Kosten der Selbstbestimmung und Autonomie behinderter Menschen klingeln lassen. Statt, wie in der UN-Konvention (Art. 19) verankert, ein unabhängiges Leben zu fördern, werden zunehmend wieder Großheimprojekte geplant und gefördert. Strukturelle Reformen, die nachhaltig Kosteneinsparungen und zusätzlich auch mehr Lebensqualität für Menschen mit Behinderungen brächten, stehen nicht zur Debatte. Vielmehr sollen Maßnahmen eingeführt werden, die kurzfristig Budgetlöcher stopfen, wie beispielsweise die geplanten Änderungen in Bezug auf den Kündigungsschutz für begünstigt behinderte Personen, die den in den letzten Jahren entstandenen Abgang im Ausgleichstaxfonds wieder ausgleichen sollen.
Legislaturperioden sind der Zeitrahmen politischen Denkens. Bei Reformen wird darauf geachtet, Personen- und Interessengruppen, die viele Wählerstimmen bringen sowie eine starke Lobby haben, nicht zu vergraulen. Menschen mit Behinderungen haben keine starke Lobby!